Mittwoch, 13. Juni 2012

Der "Klampfenkatholizismus" und die Gitarre

Der Begriff „Klampfenkatholizismus“ ist eine ironische und kritische Bezeichnung für die Verwendung der Gitarre als Begleitinstrument für den Gemeindegesang sowie die meist hiermit verbundene liturgische "Bastelmentalität", die zur "Freestyleliturgie" führt. Hierbei muss man aber zwei Ebenen unterscheiden:

Zum einen ist die Gitarre in größeren Räumen wie Kirchen nicht unbedingt geeignet zur Begleitung des Gemeindegesangs. Gitarre wie auch Laute sind eher für die Begleitung einzelner Sänger oder kleinerer Gruppen angemessen. Hinzu kommt jedoch entscheidend, dass die Gitarre als bewusstes Element einer Desakralisierung eingesetzt wird, was die musikalische Faktur der von ihr begleiteten Lieder unterstützt. Es entsteht mehr eine „Lagerfeueratmosphäre“ als die einer kultisch-liturgischen Handlung. Die Verwendung der Gitarre in der Liturgie ist ein Phänomen bzw. ein Relikt der 60er und 70er Jahre, als Protest gegen eine traditionell orientierte Hochliturgie mitsamt der überkommenen Kirchenmusik und der Orgel und entspringt so sicher dem Geist der "theologischen 68er".

Zum anderen dürfen aber solche kritischen Bemerkungen zur Art der liturgischen Verwendung der Gitarre dieses Instrument nicht generell abwerten, wie es der Terminus „Klampfe“ nahezulegen scheint. Die Gitarre sowie die ihr verwandte Laute sind Instrumente, die sich hervorragend auch für anspruchsvolle polyphone Musik eignen und ihre eigene Schönheit entfalten können. Als kleines Beispiel hier eine Fuge von J. S. Bach: 



Ebenso ist vor allem die Laute ein typisches Continuo-Instrument, das sehr gut für die Begleitung einer Arie oder Sonate für Soloinstrument geeignet ist. Auch hier ein kleines Beispiel:


Die Beispiele zeigen, dass Gitarre und Laute eine ganz andere Dimension besitzen, als es das Gitarrenspiel in so manchem Jugendgottesdienst erahnen lassen würde. Wenn sich also auch die Gitarre aufgrund ihres eher leiseren Klangs nicht als Begleitinstrument des Gemeindegesangs in einer Kirche eignet, könnte sie in einem Ensemble oder auch zur Begleitung eines Sologesanges, etwas einem Lied aus Bachs Schemelligesangbuch, durchaus Verwendung finden, auch wenn man hier der Orgel als d e m kirchlichen Instrument meist den Vorzug gibt. 

Insgesamt muss man aber festhalten, dass die Art und Weise des "liturgischen Gitarrenspiels" dem Ansehen dieses Instruments eigentlich erheblich schadet, impliziert man hier doch eher die "Klampfe" am Lagerfeuer, die man auch mit geringerem Übungsaufwand zu beherrschen glaubt, wonach es sich in manchem "modernem" Gottesdienst dann auch anhört. Dies wird aber dem Instrument in keinster Weise gerecht. Somit scheint die Gitarre auch ein "verkanntes" Musikintrument zu sein, das seine Funktion als "Katalysator der Desakralisierung" überhaupt nicht verdient hat.

2 Kommentare:

  1. Auch ein schönes Musikstück ist das "Antidotum Tarantulae" von Athanasius Kircher: http://www.youtube.com/watch?v=uyjnwwrFet8
    Und nicht zu vergessen das etwas flottere Stück "Tarantella" Napolitana: http://www.youtube.com/watch?v=3N5dfGUbtSA&feature=related

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  2. Ich gehe gerne in einen Kreis von jungen Christen, wo wir auch Lieder singen und durch Gitarren begleitet werden - von Leuten die es können. Und in solchen Situationen - wir sind ca. 25 Leute - und in solchen Räumen - größeres Zimmer - ist das auch super, passt und eignet bestens auch für religiösen Gesang. Aber in die Kirche gehört das nicht. Es scheint mir dem Raum und der Autentizität des Ortes nicht angemessen. Man spielt ja auch in der Semperoper keinen Hard-Rock oder Gangsterrab.

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